Während die Abrechnung formell ordnungsgemäß ist, wenn sie bestimmte Mindestangaben enthält und für einen durchschnittlich verständigen Menschen ohne juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse nachvollziehbar ist, betreffen materielle Fehler die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung.
Wesentlich dabei ist, dass eine formelle Abrechnung stets neu zu erstellen ist, während inhaltliche Fehler korrigiert werden dürfen. Aber auch wegen der Mieterrechte bei einer nicht ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung ist die Unterscheidung zwischen den beiden Fehlerarten von großer Bedeutung.
Wann inhaltliche Fehler in der Betriebskostenabrechnung vorliegen
Inhaltliche Fehler sind etwa gegeben, wenn in der Abrechnung Folgendes enthalten ist:
- Unzutreffende Umlageschlüssel und Umlagemaßstäbe
- Nicht umlagefähige Positionen
- Rechenfehler
Um jedoch Mieterrechte auszulösen, darf es sich nicht nur um kleinere Fehler handeln, die sich quasi auf den ersten Blick korrigieren lassen.
Erstes Mieterrecht: Zurückbehaltung
Während der Mieter früher nur bei formellen Fehlern ein Zurückbehaltungsrecht bis zum Erhalt einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung geltend machen konnte, gilt dies nun auch bei materiellen Fehlern. Denn der Vermieter ist zur Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung nur berechtigt, wenn er zuvor eine formell und inhaltlich korrekte Betriebskostenabrechnung erstellt hat (BGH, Urteile vom 15.02.2012, Az.: VIII ZR 245/11 und VIII ZR 246/11). Da die Karlsruher Richter damit ihre zuvor anderslautende Rechtsprechung aufgegeben haben, dürfte nun auch ein Zurückbehaltungsrecht an einer Nachforderung aus einer inhaltlich fehlerhaften Abrechnung bestehen.
Damit darf der Mieter die Erhöhung und die Nachzahlung solange zurückbehalten, bis eine inhaltlich korrekte Betriebskostenabrechnung vorliegt. Die Korrektur muss aber grundsätzlich innerhalb der innerhalb der 12-monatigen Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfolgen. Andernfalls ist der Vermieter jedenfalls mit seiner Nachforderung ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 18.05.2011, Az.: VIII ZR 240/10).
Erstellt der Vermieter erst nach Ablauf des 12-Monats-Zeitraums eineformell und materiell ordnungsgemäße Abrechnung, ist die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung trotzdem zulässig (BGH, Urteil vom 16.06.2010, Az.: VIII ZR 258/09).
Zweites Mieterrecht: Kürzung und Aufrechnung
Anstelle des Zurückbehaltungsrechts kann der Mieter auch selbst eine inhaltlich korrekte Betriebskostenabrechnung erstellen. Ergibt sich daraus ein Guthaben, darf er die monatliche Betriebskostenvorauszahlung gemäß § 560 Abs. 4 BGB einseitig kürzen und sein Guthaben aus der Abrechnung mit der Miete verrechnen (BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az.: VIII ZR 184/12).
Vorsichtsmaßnahmen, die Mieter beachten sollten
Das Ausüben des Zurückbehaltungsrechts sowie die Kürzung der Vorauszahlung nebst Aufrechnung des Abrechnungsguthabens bei inhaltlichen Fehlern in der Betriebskostenabrechnung sind gefährlich. Erreichen die dadurch entstehenden Rückstände im Vergleich zu den regulären Mietzahlungen insgesamt zwei bzw. eine Monatsmiete, kann der Vermieter fristlos bzw. fristgemäß kündigen. Erweist sich dann später die Annahme der inhaltlichen Fehler als nicht zutreffend, ist die vermieterseitige Kündigung wirksam.